"Man fühlt sich zurückversetzt in eine vergangene Welt. Der Besuch bei den indigenen Himba entschleunigt. Hier zählen andere Werte und das einfache Leben wird dank der Traditionen zu etwas ganz Besonderem."

Eine Reise an das Ende Namibias

Der Geländewagen ruckelt über eine unebene, staubige Schotterpiste im Norden Namibias. Gerade haben wir das kleine Städtchen Opuwo verlassen – “das Ende”, wie es aus der Stammessprache der Himba übersetzt heißt. Wir befinden uns mitten im Kaokoveld. Nördlich von Opuwo gibt es nicht mehr viel, die Infrastruktur ist nicht ausgebaut – deshalb auch der Name.

Ein Besuch fernab jeder Zivilisation

Der Geländewagen passiert graubräunliche Sanddünen und Felsen, Vegetation gibt es hier kaum. Ich bin gespannt, was mich hier im kargen Busch auf meiner Namibia Rundreise erwartet. Wir wollen heute das Wüstenvolk der Himba besuchen. Sie leben hier und im Süden Angolas seit über 500 Jahren nomadisch als Jäger, Sammler und Viehzüchter in kleinen Hütten. Elektrizität oder fließend Wasser gibt es hier nicht – sie führen ein Leben fernab der Zivilisation.

 

Die Hütten der Himba in Namibia

Die Himba-Siedlungen im Norden Namibias

Wir erreichen Otjikaoko, unweit von Opuwo entfernt. Hier gibt es einige Himba-Siedlungen, die wir heute besuchen möchten. Ouma, unsere Reiseleiterin, kennt die Traditionen und Gegebenheiten hier ganz genau und ist in der Region aufgewachsen. Sie erzählt uns, dass wir heute Ueriurika und seine Familie besuchen. Ueriurika ist der Chief, also das Oberhaupt seiner Siedlung. Alle, die mit ihm dort leben, zählt er zu seiner Familie.

Ueriurika und seine Familie

Der Geländewagen hält an einigen Hütten und wir steigen aus. Ich bin etwas nervös, habe noch nie ein indigenes Volk hautnah erlebt und seine Mitglieder getroffen. Ouma führt die Gruppe zu einem großen Feuer. Ein Mann tritt aus einer der Hütten hervor und begrüßt erst Ouma, dann uns. Es ist Ueriurika, Ouma stellt ihn uns vor. Ihm folgen vier Frauen: “Seine Ehefrauen”, wie Ouma uns aufklärt. Ich bin etwas überrascht, aber auch gespannt, was wir über ihn und seine Familie noch erfahren werden.

 

Das Geheimnis hinter dem Schmuck der Himba-Frauen

Er führt uns und seine Frauen an ein schattiges Plätzchen, wo einige seiner Kinder im Sand spielen, bevor sie uns gespannt lauschen. Ueriurika hat hier unter einem Dach aus Ästen und Stöckern traditionelle und moderne Schmuckstücke ausgebreitet und zeigt sie uns stolz.

Für die Himba-Frauen ist der traditionelle Schmuck sehr wichtig. Sie tragen diesen am Hals, an den Hand- und Fußgelenken und jedes Teil hat eine besondere Bedeutung, übersetzt Ouma. Trägt eine Frau z. B. ein weißes Halsband, so ist sie kinderlos, trägt sie ein braunes, so hat sie bereits Kinder.

Warum die Haut der Himba orange ist

Eine wichtige Bedeutung haben bei den Himba auch die Frisuren. Die Mädchen tragen ihre Haare verziert mit Perlenschnüren, Frauen im heiratsfähigen Alter tragen zwei geflochtene Zöpfe auf der Stirn. Verheiratete Frauen, so wie die von Ueriurika, tragen sie schulterlang und in mehreren Zöpfen verflochten.

Die Zöpfe und auch die Haut werden mit Naturstein und Butterfett eingerieben. Dieses Ritual soll vor der Hitze und der Sonne des Kaokoveldes schützen und sorgt für die orangene Farbe der indigenen Frauen. Sie werden deshalb auch „das rote Volk“ genannt. Die Farbe ist ihr Markenzeichen.

Die Heimat und der Reichtum der Himba

Ueriurika führt uns weiter zu seinen Hütten und seinem Kraal, wo sein Vieh lebt. Die Hütten bestehen aus Ästen, Stroh und Dung, welcher die Häuser gemeinsam mit Wasser und Erde zusammenhält. Er lebt mit seiner Erstfrau in einer der Hütten, seine anderen Frauen haben eigene direkt daneben.

Ueriurika erzählt uns, dass die letzte Maisernte gut ausgefallen ist und er mittlerweile mehrere Hühner, Ziegen, Schafe und Rinder hat. Die Himba kommen mir augenscheinlich nicht sehr wohlhabend vor, doch ich merke, dass sie genau das sind. Für Ueriurika bedeutet Reichtum: eine gute Ernte, Nutzvieh und seine Familie.

Das Leben als Viehzüchter, Jäger und Sammler

Der Reichtum der Himba ist häufig durch Dürre gefährdet, die Nutztiere verhungern oder verdursten. Ueriurika erzählt uns, was er dann tut: Leidet das Vieh zu sehr, lassen er und sein Volk die Hütten zurück und ziehen weiter, auf der Suche nach Wasser und Nahrung für die Tiere.

Ohne sie gäbe es für Ueriurika keine Kleidung und nichts zu essen. Deswegen beschützt er die Tiere um jeden Preis. Das Leben der Himba hängt seit Jahrhunderten von Ackerbau und Viehzucht ab. Dieses einfache Leben und wie Ueriurika stolz und glücklich davon erzählt ist faszinierend!

Tradition und Familie wird groß geschrieben

Wir gehen ein Stück weiter, wo eine seiner Frauen ein Feuer startet. Ouma erklärt uns, dass dies die Aufgabe der ersten Frau ist und dass die Feuerstelle als heilig gilt. Hier wird nicht nur gekocht und die Familie versorgt, sondern auch gefeiert, gesungen und traditionell getanzt. Tradition wird hier groß geschrieben. Die großen Familien mit vielen Kindern sollen diese am Leben erhalten und weiterführen. Deshalb ist die Vielehigkeit hier vollkommen normal.

Eine Himba-Frau sitzt an einer Feuerstelle in Namibia

Was wir von den Himba lernen können…

Ich bin beeindruckt. Dieses einfache Leben, fernab der westlichen Welt, scheint leicht und friedlich zu sein. Ueriurika und seine Frauen scheinen glücklich, stehen hinter ihrer Kultur und den Traditionen und wollen diese nicht aufgeben. Eine gute Ernte, gesundes Vieh und eine große Familie machen sie glücklich. Das bringt mich zum Nachdenken, als Ueriurika uns am Ende des Besuchs freundlich verabschiedet und ich in den Geländewagen einsteige. Manchmal sind es eben die kleinen Dinge, die das Glück ausmachen. Vielleicht können wir von dieser Bescheidenheit noch einiges lernen…


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